300 Wilken Ulrich portraetDr. Ulrich Wilken

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Reden (-2019)

Aktuelle Stunde: Innenministerkonferenz für härtere Bestrafung gewalttätiger Angriffe gegen Einsatzkräfte -- Erfolg für Innenminister Peter Beuth

Plenarprotokoll 23.06.2016

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die hessische CDU fordert – sie hat die Innenministerkonferenz zumindest davon überzeugt, dass aus dem Bund jetzt etwas kommen soll –, bei Angriffen auf Polizisten und Rettungskräfte eine Mindeststrafe von sechs Monaten einzuführen. Herr Bauer hat es heute hier so vorgetragen.

Herr Beuth, insbesondere Sie argumentieren, dass die Täter die Konsequenzen ihres Tuns deutlich spüren müssen.

(Manfred Pentz (CDU): Genau!)

Deshalb müsse in jedem Fall eine Mindeststrafe von sechs Monaten verhängt und jeder Umweg zu einer Geldstrafe über die Strafzumessungsvorschriften versperrt werden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!)

Meine Damen und Herren, nach geltendem Recht kann jetzt schon eine einfache Körperverletzung oder auch nur deren Versuch nach § 223 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren belegt werden. Hier ist keine Mindeststrafe vorgesehen; es können auch Geldstrafen verhängt werden.

Meine Damen und Herren, heute hat noch niemand darauf hingewiesen: Bei dem zu schaffenden § 112 StGB geht es gar nicht um Körperverletzung oder deren Versuch. Vielmehr geht es darum, einen Tatbestand und dessen Strafrahmen so zu normieren, dass nunmehr in geringfügigeren Fällen ausnahmslos eine mindestens sechsmonatige Freiheitsstrafe verhängt werden muss.

Die Möglichkeit der Gerichte, einen Strafrahmen zwischen einer Geldstrafe und einem Gefängnisaufenthalt entsprechend dem Einzelfall auszuschöpfen und auf eine schuldangemessene Strafe zu erkennen, soll ausgerechnet für Bagatellfälle aufgehoben werden.

(Michael Boddenberg (CDU): Was sind den Bagatellfälle aus Ihrer Sicht? Blockupy, oder wie war das?)

Die Gerichte sollen gezwungen werden, ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls bei Bagatellfällen Freiheitsstrafen zu verhängen, um damit durch drakonische Strafen Stärke und Härte zu zeigen. Offenbar sind bei Ihnen die Gerichte der eigentliche Störfaktor, der mit dem Gesetz überwunden werden soll.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Was sind den Bagatellfälle? Sagen Sie es doch einmal!)

Meine Damen und Herren, Sie wissen genauso gut wie ich, dass Sanktionen nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache stehen dürfen – so die ständige Rechtsprechung von BGH und Bundesverfassungsgericht. Wenn bei einer Demonstration eine Rangelei oder ein Eierwurf eine halbjährige Gefängnisstrafe nach sich zieht und niedrigschwelligere Sanktionsmöglichkeiten entfallen, dann kann von Verhältnismäßigkeit keine Rede mehr sein.

Meine Damen und Herren, auch schon das jetzt geltende Recht gewährt Polizeibeamten und anderen Einsatzkräften Schutz bei ihrer rechtmäßigen Aufgabenerfüllung. Es ist vollkommen fraglich, ob die Straferhöhung, gerade bei Bagatelldelikten, diesen Schutz wirklich verbessert – meine Vorrednerin hat darauf hingewiesen.

Das Verständnis der Polizei als Freund und Helfer wird in Richtung eines im wahrsten Sinne des Wortes „unberührbaren Staatssymbols“ verschoben, dem der Bürger untertan zu sein hat. Das ist nicht gut, auch nicht für die Polizei. Wenn man diesen Weg weitergeht, kann es zu einer Kluft zwischen Bürger und Polizei kommen, wie wir es aus einigen anderen Ländern in krasser Form kennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Personen wegen einer Polizistenberührung oder einer eher harmlosen Rangelei wirklich ins Gefängnis müssen, kann das Hass und eine sinnlose Eskalation vorantreiben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sorgen Sie sich um Ihre Klientel, oder was? – Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Alle meine Vorredner mussten selbstverständlich darauf hinweisen, dass der unmittelbare Auslöser für die hessische schwarz-grüne Initiative

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sorgen Sie sich um die Antifa und die ganzen Linken?)

die gewalttätigen Auseinandersetzungen waren, die zeitlich vor der Blockupy-Protestdemonstration lagen.

Meine Damen und Herren, Sie können sich darauf einstellen: Die sozialen Spannungen werden durch die Politik der letzten Jahrzehnte verschärft. Sie werden zunehmend auch Deutschland erreichen.

(Michael Boddenberg (CDU): Kommt jetzt wieder Ihre Rechtfertigung, Herr Vizepräsident?)

Ich warne Sie davor, die sich daraus ergebenden Probleme durch drakonische Strafverschärfung, verschärfte Repression und den Abbau demokratischer Rechte beantworten zu wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, was Sie hier vorhaben, fördert auch keine Kultur des Respekts innerhalb der Bevölkerung. Auch der angestrebte Abschreckungseffekt läuft ins Leere. Herr Beuth weist in seiner Erklärung darauf hin – ich zitiere –:

90 % der Übergriffe auf Polizeibeamte finden im Übrigen im normalen Einzeldienst statt, vor allem in den Abendstunden, und wenn Alkohol im Spiel ist. Oftmals spielen da die zu bedauernde Respektlosigkeit und auch Imponiergehabe eine wichtige Rolle.

Die Erwartung, dass gerade in solchen Fällen Personen vor der Tat einen Blick in ein Gesetzbuch werfen, sich über die Höhe des Strafmaßes informieren, daraufhin ihr Verhalten kritisch reflektieren und von der Ausführung einer Gewalthandlung absehen, ist nun wirklich abenteuerlich und überhaupt nicht lebensnah.

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Kollege Wilken, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE):

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

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