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Reden (-2019)

Wir sagen NEIN zur Schuldenbremse und NEIN zu einem Blankoscheck für noch mehr Sozialabbau!

Rede von Ulrich Wilken zur Abstimmung über die Schuldenbremse am 15. Dezember 2010

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

vier marktliberale Parteien im hessischen Landtag haben sich zu einer ganz großen Koalition für die Aufnahme eines Schuldenverbots in die Hessische Verfassung formiert.
Und wir durften gerade Zeugen sein, dass Sie Schwierigkeiten hatten, sich wechselseitig zu versichern, dass niemand über den Tisch gezogen worden ist. Und ich stelle fest, Sie haben gelogen. Sie haben 6 Millionen Hessinnen und Hessen über den Tisch gezogen – mit Ihrer Entscheidung.

Die Schuldenbremse soll finanzielle Spielräume für die Gestaltung von Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitik schaffen. Das Gegenteil ist der Fall. Mit einem Schuldenverbot geht das nicht. Mit dem Gesetzentwurf setzen SPD, Grüne, CDU und FDP lediglich eine Politik fort, die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer zu machen.

Ihr Ziel – allen Beteuerungen zum Trotz – Ihr Ziel ist nicht die Rettung des Sozialstaates - wie Sie vorgeben: Ihr Ziel ist dessen Zerschlagung, in Form einer „Operation düstere Zukunft" – ab jetzt jedes Jahr.

Wir brauchen bloß mal in die Zeitungen der letzten Tage zu schauen.

Herr Staatsminister Grüttner hat das ja auch schon angekündigt, in der Presse wurde er zitiert: „Sparen geht vor Einnahmenerhöhungen – auch im Sozialbereich." Und wenn Sie sparen sagen, meinen Sie kürzen, kürzen, kürzen.
Und auch der Finanzminister hat in der Presse schon angekündigt, 1.200 Stellen in der Verwaltung zu streichen.

Das ist die Realität, die Sie mit Ihrer Schuldenbremse legalisieren wollen.

Und die rot-grünen Teile der Opposition: Die machen Opposition gegen ihre eigene ehemalige Regierungspolitik. Und dann schwenkt die SPD auf den Kürzungskurs von schwarz-gelb ein, in dem sie sagt: jetzt ist der Säckel nun mal leer – da hilft nur kürzen. Da wird klar, was sie mit Umverteilung meinen. Und: dass der Staatssäckel leer ist und kein Geld mehr drin ist, das ist doch das Ergebnis ihrer eigenen Regierungspolitik. Das haben Sie verursacht mit ihrer Steuersenkungspolitik.

Das Schuldenverbot wird dazu führen, dass notwendige Investitionen in Bildung, Kultur und Justiz und die Finanzierung der Kommunen weiter massiv eingeschränkt werden – oder überhaupt nichts mehr finanziert wird.

Und meine Damen und Herren,

nur Starke können sich einen schwachen Staat leisten.

Für Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge werden in Zukunft die Gebühren erhöht – auch das trifft Menschen mit kleinem Geldbeutel ungleich härter. Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge werden eingestellt – oder sie werden privatisiert und damit teurer. Und das nennen wir Sozialabbau.

Verlierer sind Kinder und Jugendliche, Menschen mit geringen und mittleren Einkommen, Menschen, die auf soziale Leistungen angewiesen sind, Rentnerinnen und Rentner, Kranke.

Die Schuldenbremse ist eine Investitionsbremse. Sie wird dazu führen, dass wir unseren Kindern baufällige Schulen und baufällige Bibliotheken, marode Straßen, und ein heruntergewirtschaftetes Gesundheits- und Sozialsystem, hinterlassen. Und das nennen sie dann auch noch Generationengerechtigkeit. Das ist Hohn!

Sie schaffen sich die verfassungsrechtlichen Grundlagen, um den letzten Rest Sozialstaat auch noch kaputt zu machen. Und diejenigen, die das dann am Ende ausbaden müssen – die Menschen, die hier im Land leben – die sollen nach Ihrem Text, den Sie heute eingebracht haben – Herr Al Wazir und da haben Sie jetzt eben falsch zitiert – die sollen darüber gar nicht entscheiden. Sie haben eingebracht, die sollen das bestätigen. Überlegen Sie mal, welche Formulierungen Sie hier benutzen, um Menschen in unserem Land über den Tisch zu ziehen.

Meine Damen und Herren,
dieses Land hat in erster Linie kein Schuldenproblem, dieses Land hat ein Einnahmenproblem.

Und auch wenn man Staatshaushalt grundsätzlich nicht mit einem privaten Haushalt vergleichen kann will ich ihnen trotzdem hier mal ein Beispiel geben.

Stellen Sie sich vor, meine Damen und Herren:

Draußen ist es eisig kalt, Winter, so wie jetzt gerade. Und in Ihrem Haus geht die Heizung kaputt. Klar, Sie rufen den Monteur, der kommt und repariert alles prompt – alles ist gut und Sie brauchen nicht zu frieren. Aber: was machen Sie, wenn auf Ihrem Konto grad nicht genug Geld ist, um den Installateur zu bezahlen. Sie warten, bis wieder was reinkommt und sitzen in der Wohnung, die von Stunde zu Stunde kälter und kälter wird? Oder benutzen Sie Ihren Überziehungskredit oder nehmen einen Kredit bei Ihrer Hausbank auf – machen also Schulden? Und das tun Sie dann auch – weil Sie ja nicht frieren wollen. Was Sie hier machen ist, was Sie hier vorschlagen, dem die Hessinnen und Hessen zustimmen sollen ist:

Draußen sind 15 Grad minus, die Heizung ist kaputt, Ihr Geld reicht nicht, um die Rechnung zu zahlen – und Sie verbieten, den Kredit aufzunehmen. Die Menschen sollen frieren. Hoffentlich verteilen Sie genügend warme Socken.

Klar ist, dass viele Menschen Angst vor Schulden haben. Und das ist ja auch der Hintergedanke der Landesregierung und jetzt der großen Schuldenbremsenkoalition – hier auf ein scheinbar populäres Thema zu setzen.

Aber meine Damen und Herren,

es kann richtig sein, für bestimmte Investitionen Schulden zu machen. Und ebenso richtig ist es, dass der Staat sich verschulden muss, um im Krisenfall Wirtschaft zu stützen – wir erleben das ja gerade in der fortdauernden Krise.

Allerdings werden Staatsschulden dann zum Problem, wenn damit dauerhaft Aufgaben finanziert werden müssen, die ein handlungsfähiger Staat leisten muss - und dieser Staat auf notwendige Einnahmen verzichtet. Und das ist das Problem der Steuersenkungspolitik. Und die hat nicht erst mit der jetzigen Koalition angefangen. Sie hat mit rot-grün angefangen, die Große Koalition hat es fortgesetzt und die jetzige Koalition wiederum.

Die seit 1998 vorgenommenen Steuerreformen haben in den letzten 10 Jahren zu Einnahmeausfällen von fast 340 Milliarden Euro geführt. 10 Milliarden Euro schlagen hierbei in Hessen zu Buche. Das ist ein Viertel der hessischen Schulden. Und dieses Viertel hat die Steuersenkungspolitik von rot-grün zu verantworten.

Wenn wir das Einnahmenproblem beheben, bräuchte man keine Schulden bremsen – weil sie gar nicht gemacht werden müssten. Wer den Sozialstaat retten will, darf nicht Schulden bremsen – der muss für eine bessere Einnahmesituation sorgen.

Wir brauchen dafür eine andere Steuerpolitik. Und ich sage noch einmal: Dazu gehört selbstverständlich auch die Wiedereinführung eines Spitzensteuersatzes von 53 %. Und lassen Sie mich ganz deutlich sagen – das war heute schon mal Thema: Wenn ich 53 % sage, dann bin ich mir sicher, dass meine Parteileitung in Berlin mich nicht zurückpfeift. Von daher lassen wir uns da auf einen Wettbewerb der Zahlen nicht ein.

Und meine Damen und Herren,

dazu bräuchten wir nicht einmal die Hessische Verfassung zu ändern. Das steht da nämlich alles schon drin: ich verweise auf Artikel 47 Absatz 1: Der besagt, dass Vermögen und Einkommen progressiv nach sozialen Gesichtspunkten zu besteuern sind.

Und auch ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn würde die öffentlichen Haushalte nicht nur nichts kosten – er würde die Haushaltssituation deutlich verbessern:
Zum einen fielen über zehn Milliarden an Subventionen für Unternehmen weg, die ihren Beschäftigten nur Hungerlöhne zahlen, die nicht zum Leben reichen. Zum anderen führen die höheren Einkommen bei den Geringverdienern zu mehr Steuereinnahmen. Und auch das bedürfte keiner Änderung der Hessischen Verfassung - steht nämlich auch schon drin: In Artikel 33.

Sie sehen, man muss die Hessische Verfassung gar nicht ändern, man muss sie nur endlich einmal anwenden.

Meine Damen und Herren von der ganz großen Schuldenbremsenkoalition: Wir LINKE werden Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Wir sagen NEIN zur Schuldenbremse und NEIN zu einem Blankoscheck für noch mehr Sozialabbau!

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