300 Wilken Ulrich portraetDr. Ulrich Wilken

Schloßplatz 1-3
65183 Wiesbaden
Zimmer: 219

0611 - 350.6074

www.ulrichwilken.de

Sprecher für: Medienpolitik, Rechtspolitik, Datenschutz

Ausschüsse

  • Hauptausschuss (HAA)
  • Rechtsausschuss (RTA)
  • Präsidium
  • Wahlausschuss richterliche Mitglieder Staatsgerichtshof

Reden (-2019)

Für Demokartie und gegen Bankenmacht

Rede von Dr. Ulrich Wilken zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag betreffend für Demokratie und gegen Bankenmacht am 17. November 2011

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Wenn Sie in den letzten Wochen und Monaten einmal in Veranstaltungen oder auch Medienberichten genau zugehört haben, wird auch Ihnen aufgefallen sein, dass es eine große Angst in der Bevölkerung gibt – Angst um ihr Geld, ihr Erspartes und vor allem Angst um die Zukunft, was vor ihnen liegt, was vor uns allen liegt.

Das ist der Grund, warum immer mehr Menschen zunehmend auf die Straße gehen – heute überall im Land für bessere Bildung, morgen wieder schwerpunktmäßig gegen Bankenmacht und für mehr Demokratie.

Meine Damen und Herren, ich kann Sie alle nur einladen – wenn Sie kennenlernen wollen, wie gute Präventionskonzepte gegen Bankenkonzentration und gegen die Macht der Finanzmärkte aussehen –, morgen zu unserem Kongress nach Frankfurt zu kommen. Dort können Sie alle etwas lernen, notfalls auch noch am späteren Nachmittag auf einer Kundgebung in Frankfurt mit einem früheren Bundesfinanzminister.

Meine Damen und Herren, die Proteste gehen weiter. Sie gehen für soziale Gerechtigkeit Mittwoch, übermorgen, nächste Woche weiter.

Sie werden deswegen weitergehen, weil diese Angst da ist, und weil die Proteste gegen diese Zustände mehr als berechtigt sind. Es ist mir vollkommen unverständlich, es ist diskreditierend und aus meiner Einschätzung heraus beschämend, wenn die GRÜNEN das als Populismus abtun. Das nimmt die Sorgen der Menschen wirklich nicht ernst.

Meine Damen und Herren, es ist doch so, wenn Ackermann in Frankfurt hustet, dann erbebt in Berlin das Kanzleramt.

Banken und Spekulanten treiben ganze Staaten in den Ruin. Regierungen und Parlamente entmachten sich selbst. Anstatt die Banken zu regulieren und die riskanten Spekulationsgeschäfte zu verbieten, schieben sie den Banken viele Hundert Milliarden Euro als Rettungsschirm zu, und gleichzeitig werden mit Schuldenbremsen die Staatsausgaben für Durchschnittsverdienende und die Armen gekürzt.

Die deutschen Regierungen haben durch die Agenda 2010 mit Leiharbeit, Minijobs, Hartz IV die Löhne gedrückt. Die Reallöhne sind von 2000 an in Deutschland um 4,5 % gesunken, in allen anderen Eurostaaten dagegen gestiegen.

Meine Damen und Herren, gehen Sie doch einmal an den Spiegel bei sich Zuhause. Schreiben Sie auf den Spiegel die Zahl 364. Schauen Sie in den Spiegel und stellen Sie sich vor, das sind die 364 €, mit denen Sie einen Monat lang leben müssten. Stellen Sie sich das einfach einmal vor. Stellen Sie sich im Januar wieder hin, und schreiben Sie statt 364 374 drauf und überlegen, ob es Ihnen dann besser geht.

Meine Damen und Herren, wenn diese Zustände so bleiben, wird auch eine Radikalisierung der Kämpfe zunehmen, weil immer deutlicher wird, dass der Kapitalismus die Fähigkeit verloren hat, vor allem jüngere Menschen in Lohnarbeitsverhältnisse einzugliedern, und sie damit zur Perspektivlosigkeit verdammt.

Ein Beispiel. In Spanien haben 49 % der Jugendlichen keine berufliche Perspektive. In Deutschland sind es zurzeit nur 9,5 %. Vor allem wird die Radikalität der Kämpfe zunehmen, wenn sich die Demonstranten den Vorschlag von Papst Gregor dem Großen zu eigen machen:

Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht.

Meine Damen und Herren, wie sich die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern, können wir am Beispiel aus Griechenland aktuell sehen. Dort sind bereits 27.000 kleine Unternehmen in die Insolvenz getrieben worden, die kleinen Unternehmen, für die sich die Herren der FDP doch immer so einsetzen. In Griechenland sieht es so aus, dass eine Lehrerin im Juni 2010 bei einer Neueinstellung einen monatlichen Bruttolohn von 1.020 € bekommt. Ab Dezember wird sie einen monatlichen Bruttolohn von 575 € erhalten. Wie soll sie davon leben können?

In Hessen – wir hatten das heute schon mehrmals als Thema – müssen 300.000 Menschen mit einem Niedriglohn auskommen. Sie können es nicht. Und sie werden im Alter in Armut leben. Aktuell liegt die Durchschnittsrente in Hessen bei 700 €, Tendenz fallend. Können Sie sich vorstellen, davon zu leben?

Meine Damen und Herren, diese Politik gefährdet auch die Demokratie. Gesetze werden von Wirtschaftsunternehmen geschrieben. Entweder sitzen die Lobbyisten direkt in den Ministerien, oder die Aufträge werden in die Kanzleien der großen Wirtschaftsunternehmen gegeben und dort als Auftragsarbeiten abgearbeitet, den Parlamentariern in der Nacht zuvor zugestellt. Keiner hat die Gelegenheit, diese umfangreichen, komplizierten Sachverhalte noch ordentlich zu beraten. Und dann werden sie durchs Parlament gepeitscht.

– Wenn es Plattitüden wären, wäre es nicht so schlimm. Das Problem ist, das ist die Wahrheit, und das ist eine Wahrheit, die immer mehr Menschen in diesem Land in Sorge und Angst umtreibt, und deswegen das Vertrauen in diese Art von Politik rasant verloren geht.

Meine Damen und Herren, wenn wir nicht anfangen, endlich etwas an der Höhe der Löhne und an der Höhe der Lohnersatzleistungen zu ändern, wenn wir nicht anfangen, endlich über drastische Arbeitszeitverkürzungen zu reden, wenn wir die Vergesellschaftung von Banken und Großkonzernen nicht auf die Tagesordnung nehmen, wenn wir die Rekommunalisierung und Wiederaneignung der privatisierten Daseinsvorsorge nicht endlich anpacken, dann verabschieden wir uns auch aus der internationalen Solidarität.

Staaten müssen die Möglichkeit bekommen, direkt bei einer europäischen Bank für öffentliche Anleihen Kredite aufzunehmen. Nur so ist die Schuldenkrise zu beheben. Meine Damen und Herren, Occupy Wall Street heißt übersetzt in unsere linke Parteisprache: Ein funktionierender Finanzsektor ist ein öffentliches Gut; seine Bereitstellung ist daher eine öffentliche Aufgabe.

Wir brauchen endlich öffentlich-rechtlich organisierte Banken im Sinne Art. 14 Abs. 2 und Art. 15 Grundgesetz, nicht diese großen Privatbanken, die die Staaten in Abhängigkeit treiben. Wir brauchen die Unabhängigkeit der Staaten von den Privatbanken. Letztlich kann diese Schuldenkrise aber nur durch eine Abschöpfung der riesigen privaten Reichtum und Geldvermögen gelöst werden.

In den letzten 13 Jahren hat sich das Geldvermögen der europäischen Millionäre und Multimillionäre auf über 7,6 Billionen € verdoppelt. Es ist damit fast so hoch wie die Gesamtverschuldung aller EU-Staaten. Eine EU-weite Vermögensabgabe für Superreiche ist daher nötig und gerecht.

Auch eine Finanztransaktionssteuer, eine Spekulantensteuer auf den Handel mit Finanzprodukten, eine Bankenabgabe würden den öffentlichen Haushalten erhebliche Einnahmen bringen. Doch vor allem: Wir brauchen in Europa und in Deutschland endlich eine Vermögensteuer. Ich bin es leid, dass die Hartz-IV-Empfängerin, der Stahlarbeiter und die Lehrerin die Folgen der Krise bezahlen. Die müssen andere bezahlen, nämlich die, die an der Krise verdient haben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss heute am Tage der Philosophie einen großen Philosophen aus seinen Feuerbachthesen zitieren:

Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern.

Ich bedanke mich.

Vor Ort :

 
Wahlkreisbüro:

Wahlkreisbüro Dr. Ulrich Wilken
Rodergasse 7
65510 Idstein
06126 9590596
0178 6385505
 

Öffnungszeiten:
Dienstag - Freitag
10.00 - 16.00 Uhr

 
Wahlkreise:

  • Limburg-Weilburg I
  • Limburg-Weilburg II
  • Rheingau-Taunus I
  • Rheingau-Taunus II
  • Main-Taunus-Kreis
  • Frankfurt am Main III
  • Frankfurt am Main V